20 KVD 25 German document

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Freunde der Industriegeschichte Ludwigsfelde e.V.

Am Bahnhof 2

14974 Ludwigsfelde Werner Neundorf

Günter Stavorinus Werner Neundorf

Der Hochleistungsdieselmotor

20 K V D 25

Ein Beitrag zur Geschichte des Dieselmotorenbaus und der Marine der DDR

Trappenkamp / Holstein und Rosslau / Elbe 2003


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Selbstverlag der Autoren

© 2003

Digitalkopie und Einband:

Kopierservice Schmidt Wasbeker Str. 11-13

24534 Neumünster


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Vorworte

Vorwort von Dipl.-Ing. Norbert Krümmling, Geschäftsbereichsleiter im WTZ Rosslau

Literatur über die Geschichte von technischen Entwicklungenin der ehemaligen DDR ist inzwischen sehr umfangreich vorhanden, und es stellt sich die Frage, welchen Beitrag der vorliegende Bericht dazu noch leisten kann. Mit zunehmendem Abstand zur Existenz zweier deutscher Staaten besteht die Möglichkeit, aus früher geheimen Archiven - sowohl der Industrie als auch der Streitkräfte - Informationen zu erhalten, die aufzeigen, daß bereits in den frühen 50er Jahren technische Weiterentwicklungen auf sehr hohem Niveau betrieben wurden.

Natürlich ist dieser Beitrag, mit seinem bis ins Detail recherchierten Werdegang eines Hochleistungsdieselmotors für den Antrieb von schnellen Booten der Seestreitkräfte, ein Leckerbissen für Enthusiasten dieses Fachgebietes.

Er gibt aber auch wahrheitsgetreu die Probleme des Aufbaus einer Nachkriegswirtschaft mit all ihren Facetten und heute kaum nachvollziehbaren Entscheidungen wieder. All dies war nur möglich, weil beide Autoren sich zum richtigen Zeitpunkt zusammengeschlossen haben. Damit bestand die Chance, noch mit Zeitzeugen dieser sehr geheimen, aber dennoch bewegten Zeit zu sprechen und somit Dinge zu erfahren, die weder in Berichten noch in irgendwelchen Meldungen vermerkt sind.

Dankenswerter Weise wurden auch viele Personen, die in hohem Maße direkt oder indirekt an der Entwicklung dieses Motors teil hatten, erwähnt, was eine gewisse Hochachtung gegenüber ihren Leistungen darstellt.

Möge dieser Bericht für die Freunde des speziellen Dieselmotorenbaus und für die an der Technikgeschichte ihres Heimatlandes Interessierten eine wertvolle Ergänzung sein.


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Anstele eines Vorwortes Anmerkungen eines Zeitzeugen.

Von Kapitän z. Se a.D. Dipl.-Ing. Gerhard Vandreier, Leiter Schifstechnischer Dienst bis 1989 und Stelvertreter des Chefs für Technik und Bewafnung im Kommando der Volksmarine bis September 1990.

Geschichte der Technik spiegelt auch stets Geselschaftsgeschichte wider. In der vorliegenden Studie ist es den Autoren gelungen, ein Stück Technikgeschichte der DDR auszugraben, diese zu analysieren und zu bewahren.

Angenehm zu lesen ist, daß der mit vielen Problemen behaftete Versuchsnachbau des Schifsdieselmotors vom Typ Daimler-Benz MB 511 ohne erhobenen Zeigefinger dargestelt wurde.

Der Nachbau dieses Hochleistungsmotors unter der DDR-Bezeichnung 20 KVD 25 besaß in den fünfziger Jahren strategische Bedeutung für den Aufbau einer möglichst leistungsfähigen Industrie. Als Nahziel stand die Aufgabe, den Bedarf an Antriebsmotoren für schnele Marinefahrzeuge zu decken.

Auch aus heutiger Sicht ist der Enthusiasmus beeindruckend, mit dem die Beteiligten an die Lösung dieser komplizierten Aufgabe gingen. Es gab weder Konstruktionsunterlagen noch die nötige Anzahl von Fachkräften. Es fehlte auch an qualifizierten Zulieferern.

Die nach der Montage begonnenen Probeläufe ergaben eine Unmenge an technischen Problemen, sowohl bei den nachgebauten Maschinenelementen, als auch bei weiteren Motorteilen und sogar dem Schmieröl.

Zusätzlich erschwert wurde die Kontinuität in der Entwicklung und Erprobung durch die häufigen Wechsel der Führungsorgane oder ihrer strukturelen Änderung. Wesentliche Auswirkungen ergaben sich aus den Ereignisen des 17. Juni 1953.

Den Autoren ist es gelungen, die komplizierten Strukturen der DDR-Wirtschaft auf diesem Gebiet transparent zu machen. Ebenso verweisen sie auf die vielfältigen Schwierigkeiten, die von der Entwicklungsgruppe während des Nachbaus der Einzelteile und der Fertigung des Motors bewältigt werden mußten.

Die gründliche Recherche gestatet die Folgerung, daß zum Zeitpunkt der Stornierung des Auftrags sowohl an den Motoren als auch an dem für die Erprobung vorgesehenen Bootskörper „Forele 0", die technischen Probleme in den wesentlichen Größen gelöst waren.


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Inhalt


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„Im allgemeinen lebt und gedeiht die Geschichtsschreibung dadurch, daß fortwährend über einzelne merkwürdige und zuweilen befremdende Themen neue Darstellungen geschrieben werden, die von der Uberlieferung der Einzelheiten ausgehen und diesen, fast könnte man sagen, nur diesen gerecht werden. Darin existiert Geschichtsschreibung unmittelbar, und davon müssen die Zusammenfassungen borgen."

Rolf Engelsing: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Deutschlands


Einleitung

Gegen Ende des Jahres 1951 wurde in der DDR der Nachbau des 2500 PS Daimler-Benz Hochleistungsdieselmotors MB 511 unter der Typenbezeichnung 20 KVD 25 vorbereitet.

Der Motor war für den Antrieb von schnellen Schiffen und Booten neu aufzubauender Seestreitkräfte bestimmt. Ihr Auftrag bestand darin, die Küste der DDR und deren Vorfeld zu verteidigen. Eingebunden in die militärischen Planungen und als Bündnispartner der Sowjetunion, hatten sie darüber hinaus den Auftrag, ein begrenztes Offensivpotential in der westlichen Ostsee zu stellen. An diesem Konzept hat sich, trotz aller durch die militärtechnischen Fortschritte bedingten Veränderungen, bis zur Auflösung der Volksmarine im Jahre 1990, wenig geändert. Die Aufstellung, als Polizeiformation getarnt, wurde von der Besatzungsmacht, vertreten durch die Marineabteilung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), angeregt und ab 1949 verwirklicht.

Ein Aufbaustab nahm Ende 1949 seine Tätigkeit in Berlin-Wilhelmsruh auf. Der Öffentlichkeit wurde die neue Marine im Juni 1950 mit der Gründung der Hauptverwaltung Seepolizei (HVS) im Ministerium der Innern (Mdl) präsentiert. Als Volkspolizei-See erhielt sie 1952 ihren militärischen Status, ehe sie 1956 als Teilstreitkraft in die Nationale Volksarmee (NVA) übernommen wurde.

Bereits die ersten Überlegungen für den Flottenaufbau sahen Torpedo-Schnell-Boote (TS-Boote) unterschiedlicher Tonnage vor, für deren Antrieb u.a. auf den im 2. Weltkrieg bewährten Daimler-Benz Motor MB 511 zurückgegriffen werden sollte. Weil unter den Bedingungen des Kalten Krieges an einen Import nicht zu denken war, Abhängigkeiten vom Westen vermieden werden mußten, und auch aus dem sowjetischen Machtbereich kein geeigneter Motor zur Verfugung stand, blieb nur der Nachbau als Alternative übrig. Dabei spielten Fragen des Patentrechts und des Lizenzschutzes unter den Bedingungen des Besatzungsregimes keine Rolle. Der damit im Zusammenhang stehende außerordentlich hohe Entwicklungs- und Kostenaufwand wurde hingegen völlig unterschätzt.

Hochleistungsdieselmotoren für den Schiffsantrieb waren bis dahin in Deutschland nur von den renommierten Firmen Maybach und Daimler-Benz gebaut worden, deren Fabrikationsanlagen in den westlichen Besatzungszonen lagen. Auch der größte Teil der Zulieferindustrie hatte dort seinen Standort. Auf dem Territorium der DDR fehlten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Produktionsstandorte, die Grundlagen der Metallurgie und Fertigungstechniken sowie das erfahrene Personal für ein so hoch gestecktes Ziel. Mit Hilfe der sozialistischen Planwirtschaft und dem Enthusiasmus der Aufbaugeneration, glaubte man aber fest an den Erfolg des Vorhabens.


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Mit dem Nachbauprogramm wurde 1952 begonnen. Nach großen Anstrengungen erfolgte Ende 1958 seine Einstellung zu einem Zeitpunkt, als die wichtigsten technischen Probleme vor der Lösung standen, mit wenig mehr Aufwand der Beginn der Vorserienproduktion möglich gewesen wäre. Damit wurde die Chance vertan, Anschluß an die Entwicklung im Hochleistungsdieselmotorenbau zu finden. Für die Volksmarine bedeutete dies, fortan auf Importe aus der Sowjetunion angewiesen zu sein, deren Einkauf, Betrieb und Instandsetzung mit hohem Aufwand verbunden war und neue Abhängigkeiten schuf.

In regional-, marine- und technikgeschichtlichen Veröffentlichungen ist der 20 K V D 25 beschrieben, seine Entstehungsgeschichte aber nur gestreift worden. Die Öffnung der Archive der DDR, und der glückliche Umstand, daß das technische Archiv des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums (WTZ) für Dieselmotoren in Roßlau über die Wende gerettet worden ist, haben die Autoren ermuntert, die Geschichte des 20 KVD 25 aufzuschreiben. Es soll nicht in Vergessenheit geraten, daß zwischen 1952 und 1959 dieser Motor im Zentrum des Arbeitslebens vieler Menschen in Roßlau, Ludwigsfelde und an anderen Orten der DDR gestanden hat, deren Leistung unter widrigen Umständen Respekt verdient.

Wir werden im ersten Teil des Aufsatzes die wichtigsten technischen Daten des 20 KVD 25 vorlegen und anschließend in einer kurzen Beschreibung das Torpedo-Schnellboot „Forelle 0" aus dem VEB Schiffswerft Roßlau vorstellen, auf dem der Motor in der Praxis erprobt worden ist. In einem zweiten Teil wird der 20 KVD 25 als Erzeugnis der Rüstungswirtschaft der DDR untersucht und der Zusammenhang von politischen Vorgaben, Planvorstellungen und deren Verwirklichung beschrieben, weil dem Leser ohne Kenntnis der speziellen Strukturen und Leitungsebenen dieses Wirtschaftszweiges viele Entscheidungen unverständlich bleiben.

Im Hauptteil wird über die an der Reparatur der Originalmotoren, am Nachbau und der 0- Serienfertigung beteiligten wichtigsten Konstruktions- und Entwicklungsbüros, Maschinenbau- und Zulieferbetriebe berichtet. Besonders gründlich wurden die im Zusammenhang mit der Fertigung von Problembauteilen gemachten Anstrengungen untersucht. Dieser Teil schließt mit der Vorstellung der Erprobungsergebnisse an Land und auf See.

Eine Zusammenfassung, die Baubeschreibung und Teile der Betriebsvorschrift, Quellen- und Literaturverzeichnisse sowie ein Personenregister bilden, zusammen mit der Danksagung, den Abschluß.

Günter Stavorinus hat den allgemeinen und rüstungswirtschaftlichen Teil, Werner Neundorf den motortechnischen Bereich des Aufsatzes verfaßt.

Den Autoren ist klar, daß im Zusammenhang mit der Geschichte des 20 KVD 25 viele Fragen unbeantwortet geblieben sind. Deshalb nehmen sie Hinweise und Ergänzungen mit Dank entgegen.

Trappenkamp/Holstein Roßlau/Elbe

Günter Stavorinus Werner Neundorf


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